Auswandern in die Schweiz - Finanzen

Auswandern in die Schweiz im Finanzcheck – unser Erfahrungsbericht nach 10 Jahren Schweiz

Heute will ich mal ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern zum Thema ‚Auswandern in die Schweiz‘. Wie einige von euch vielleicht wissen, sind mein Mann und ich vor über 10 Jahren in die Schweiz ausgewandert. Und ich glaube, es gibt viele, die das Thema spannend finden und die vielleicht schon mal mehr oder weniger konkret mit einer Auswanderung in unser Nachbarland geliebäugelt haben.

Deshalb möchte ich ein bisschen Licht ins Dunkel bringen und von unseren Erfahrungen berichten und wie wir die Auswanderung nach nunmehr 10 Jahren beurteilen. Würden wir es nochmal machen? Was hat uns die Auswanderung aus finanzieller Sicht gebracht? Davon will ich heute berichten.

Einen kleinen Spoiler kann ich schon vorab geben:
Ohne diesen Schritt würden wir heute garantiert nicht 60% arbeiten und gleichzeitig ernsthaft darüber nachdenken können, mit 50 (oder sogar schon früher) in Rente zu gehen.

Warum überhaupt in die Schweiz auswandern?

Für die meisten ist der Hauptantrieb ganz klar das Geld. Die Schweiz hat den Ruf, das gelobte Land der Gehälter zu sein. Der Ruf kommt nicht von ungefähr. Hohe Löhne, eine stabile Wirtschaft und mit dem Schweizer Franken eine sichere Währung. Das klingt ein bisschen nach einem finanziellen Paradies. Vor allem für viele, die Deutschland gerne mal den Rücken kehren würden.

Wir hatten damals tatsächlich eine ganz andere Motivation, den Schritt über die Grenze zu wagen. Wir wollten schon länger näher an den Bergen wohnen. Die tolle Landschaft direkt vor der Haustür und die Aussicht, jedes Wochenende wandern gehen zu können, ohne stundenlange Anfahrt. Das war für uns der ausschlaggebende Punkt. Und so ist es nicht verwunderlich, dass unsere Entscheidung zur Auswanderung seinerzeit hoch oben auf der Rigi über dem Vierwaldstättersee gefallen ist. Übrigens: wir haben seit 2016 den Wanderblog alsnuff.ch. Wenn du mal Urlaub in der Schweiz machen möchtest, schau doch mal rein. Es warten jede Menge tolle Wandertipps zu den schönsten Orten der Schweiz auf dich.

Aber zurück zum Thema Auswandern: Das Geld war anfangs für uns komplett zweitrangig und hat bei der Entscheidung damals keine grosse Rolle gespielt. Das lag auch mit daran, dass wir die finanziellen Möglichkeiten zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht einschätzen konnten. Wir hatten ehrlich gesagt keine Ahnung, wie viel man hier mehr verdienen kann.

Finanzielle Unabhängigkeit und früher in Rente gehen, war damals auch noch kein Thema. Den Begriff FIRE? Hätte ich höchstens mit Lagerfeuer oder Feuerwehr in Verbindung gebracht, aber sicher nicht mit Finanzen.

Die Schweiz: Ein Turbo für den Vermögensaufbau?

Heute, über zehn Jahre später, weiss ich natürlich einiges mehr. Und wenn mich heute jemand fragt, ob eine Auswanderung wirklich ein Turbo für den Vermögensaufbau sein kann, kann ich nur sagen: Ja! Die Auswanderung in die Schweiz war für uns ein riesiger Gamechanger. Und letztendlich der Türöffner in Richtung finanzielle Unabhängigkeit. Mit unseren früheren deutschen Gehältern und den fetten Abzügen für Steuern, Krankenkasse und Co wären wir nie so weit gekommen. Vielleicht hätten wir mit viel Disziplin mit Mitte/Ende 50 in Rente gehen können. Aber never ever mit Ende 40/ Anfang 50, so wie wir es jetzt planen.

Der Gehaltsunterschied zwischen Deutschland und der Schweiz ist wirklich enorm. Und dazu kommen viel geringere Abgaben. Wir können uns mal einen kleinen Vergleich anschauen: Im Jahr 2022 lagen Steuern und Abgaben für natürliche Personen in der Schweiz bei durchschnittlich knapp 30%. In Deutschland musste ein kinderloser Single im gleichen Jahr mit knapp 48% Abzügen rechnen.

Unser Netto-Einkommen ist dadurch nicht einfach nur einfach ein bisschen grösser geworden – wir konnten es sogar vervielfachen. In Deutschland bin ich mit Steuerklasse 5 nie über 2000 Euro netto hinausgekommen. In der Schweiz wäre ich bei Vollzeit im fünfstelligen Bereich – natürlich im unteren, aber immerhin. Auch mit meinen 60% Teilzeit liege ich deutlich über dem höchsten Gehalt, das ich in Deutschland für Vollzeit hatte.

Zum Thema Gehalt noch ein Tipp aus eigener Erfahrung: Wenn du überlegst, in die Schweiz zu gehen: informier dich unbedingt vorher, welche Gehälter in deiner Branche üblich sind. Wir haben das nicht gemacht. Für uns war das Gehalt anfangs zwar gefühlt sensationell hoch, im Vergleich zu langjährigen Schweizer Angestellten hat es sich aber als eher niedrig herausgestellt. Das haben wir dann mit der Zeit mitbekommen. Erst mit einem Jobwechsel konnten wir das ausgleichen. Mein Rat: Schau dir vorher an, was das landesübliche Gehalt ist.

Die Lebenshaltungskosten: Die andere Seite der Medaille

Ok, dass man eine Menge Geld verdienen kann, wissen wir jetzt. Aber wie ist es mit den Ausgaben? Die Schweiz ist ja auch berühmt-berüchtigt für ihre hohen Lebenshaltungskosten – und das zurecht.

Fangen wir mal mit dem Wohnen an. Wir leben in Aarau – eine kleine Stadt mit rund 20.000 Einwohnern. Vergleichbar vielleicht mit Bad Kreuznach. Also keine Metropole. Aber gut angebunden an Zürich, Basel und Bern. Für unsere 2,5-Zimmer-Wohnung mit knapp 70 Quadratmetern zahlen wir fast 2000 Franken Miete – ohne Parkplatz. Je näher man an den grossen Städten wohnt, umso teurer wird es. Wobei Zürich als Spitzenreiter gilt.

Dann haben wir als nächstes die Krankenkasse. In der Schweiz werden die Krankenkassenprämien nicht direkt vom Gehalt abgezogen, sondern müssen separat bezahlt werden. Die Höhe der Prämien ist auch nicht wie in Deutschland gehaltsabhängig. D.h. eine Reinigungskraft zahlt prinzipiell genauso viel wie ein Manager. Ob das gerecht ist, sei mal dahingestellt. Je nach Modell geht es ab ca. 300 Franken pro Person im Monat los. Das klingt erstmal ganz ok. Aber: Du zahlst die sogenannte Franchise – also einen Eigenanteil – erst mal komplett selbst, bevor die Kasse überhaupt irgendetwas übernimmt. Die höchste Franchise, die man wählen kann, liegt bei 2500 Franken. Bedeutet: Erst wenn du Arztkosten in Höhe von 2500 Franken bezahlt hast, beteiligt sich die Kasse – und auch dann zahlst du weiterhin einen Selbstbehalt von 10% bis zum jährlichen Höchstbetrag von 700 CHF pro Person. Erst dann übernimmt die Krankenkasse komplett. Wenn du eine niedrigere Franchise willst, z. B. 300 Franken, dann steigen die monatlichen Prämien entsprechend. Lohnt sich nur, wenn du wirklich regelmässig zum Arzt musst.

Ein ganz grosses Loch ins Budget reissen Kinder. Zu dem Thema kann ich aus eigener Erfahrung nichts sagen, weil ich keine habe, aber ich habe einige Informationen zusammengetragen. Ein Kind in der Schweiz kostet laut Bildungsdirektion Zürich zwischen 1300 und 1800 Franken pro Monat (Stand 2024). Das ergibt bis zum 20. Lebensjahr rund 370’000 Franken. Inbegriffen sind Ausgaben für Wohnen, Verpflegung, Kleidung, Freizeit, ÖV, Versicherungen und mehr. Besonders teuer wird es im Babyalter (zusätzliche 300 bis 450 Franken monatlich für Windeln, Betreuung etc.) und in der Jugendzeit, wo bis zu 1790 Franken monatlich anfallen können – etwa durch Ausbildungskosten oder die erste eigene Wohnung. Es gibt zwar Kinderzulagen, Steuererleichterungen und Prämienverbilligungen, aber im internationalen Vergleich ist die staatliche Unterstützung in der Schweiz eher gering. Wer Familie plant, sollte diesen Aspekt bei der Auswanderung unbedingt bedenken.

Auch einige Lebensmittel – vor allem Fleisch – sind deutlich teurer. Und auch Drogerieartikel gehen ins Geld. Deshalb sind bei Schweizern, die in Grenznähe wohnen Einkaufsausflüge ins benachbarte Deutschland sehr beliebt.

Kurz zusammengefasst: Ja, es ist teuer in der Schweiz. Aber wenn man zu zweit verdient und nicht total verschwenderisch lebt, bleibt trotzdem mehr übrig. Aber du musst bedenken: Ob sich das Auswandern für dich persönlich lohnt, hängt stark von deiner Lebenssituation ab. Kinder, Freizeitgestaltung, Beruf – all das spielt eine Rolle. Nicht jeder verdient in der Schweiz automatisch ein Vermögen.

Arbeiten in der Schweiz: Realität und Möglichkeiten

Die hohen Gehälter haben auch ihren Preis. Denn in der Schweiz gelten andere Regeln als in Deutschland.

So liegt zum Beispiel die Wochenarbeitszeit mit 42 Stunden pro Woche höher als in Deutschland. Urlaub? Vier bis fünf Wochen, das war’s im Normalfall. Und es gibt weniger Feiertage als in Deutschland – vor allem, wenn du aus einer Feiertagshochburg wie Bayern oder Baden-Württemberg kommst, wirst du dich umstellen müssen.

Dann haben wir das Thema Kündigung. Kündigungsschutz wie in Deutschland? Fehlanzeige. Arbeitgeber können jederzeit kündigen, und das ohne Angabe von Gründen. Ausnahmen sind in der Schwangerschaft, während einer Krankschreibung und dem Militär-/Zivildienst.

Elternzeit wie in Deutschland gibt es auch nicht. Eine Mutter hat Anspruch auf 14 Wochen Mutterschaftsurlaub. Ein Vater zwei Wochen. Eine anschliessende Elternzeit ist nicht vorgesehen. Und generell kosten Kinder in der Schweiz wie ich vorhin schon erwähnt habe deutlich mehr als in Deutschland.

Was ich aber sehr positiv finde: Es gibt richtig gute Möglichkeiten für Teilzeit und flexible Arbeitsmodelle. Teilzeit ist hier total normal – selbst für junge, kinderlose Angestellte. Und auch längere Auszeiten lassen sich bei vielen Arbeitgebern organisieren.

Auch die Arbeitskultur in der Schweiz ist anders. Pünktlichkeit und Effizienz – das ist hier Standard. Alles wirkt etwas besser organisiert als in Deutschland. Der Umgangston ist freundlicher – wobei das manchmal auch ein bisschen oberflächlich ist. Nur weil jemand freundlich ist, heisst das noch lange nicht, dass er dich wirklich mag. Ein Schweizer zeigt seine Abneigung einfach nicht so direkt wie ein Deutscher.

Für wen lohnt sich das Auswandern in die Schweiz besonders?

Es gibt Branchen, in denen ausländische Fachkräfte besonders gefragt sind – zum Beispiel in der IT, im Gesundheitswesen oder im Tourismus. Wenn du also Informatik studiert hast oder im medizinischen Bereich arbeitest, stehen deine Chancen gut. Auch wenn ich sagen muss: In der IT ist das Angebot aktuell etwas rückläufig – es ist nicht mehr so einfach eine Stelle zu finden wie noch vor zehn Jahren.

Fazit

Für uns war die Auswanderung in die Schweiz eine der besten Entscheidungen überhaupt – und gerade der finanzielle Aspekt hat sich als bedeutsamer rausgestellt als wir das erwartet hatten. Das Leben in der Schweiz hat uns überhaupt erst auf das Thema finanzielle Unabhängigkeit gebracht. Eben dadurch, dass wir die Möglichkeit hatten, ein bisschen Vermögen aufzubauen.

Trotzdem: Ob wir am Ende für immer hier bleiben, wissen wir nicht. Die hohen Lebenshaltungskosten werden, wenn wir mal in ‚Rente‘ gegangen und dann von der Rendite unserer Anlagen leben wollen, auf jeden Fall ein grosses Thema werden. Vielleicht ziehen wir dann noch weiter aufs Land – wo die Mieten etwas günstiger sind. Oder eben doch zurück nach Deutschland.

Aber eines ist sicher: Ohne die Schweiz wären wir niemals da, wo wir heute sind.

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