Als Einstieg in das Thema ‚Downshifting‚ soll dieser Artikel dem Begriff ‚Arbeit‚ gewidmet sein.
- Was ist Arbeit und wozu dient sie?
- Was ist die Geschichte der Arbeit und welche Bedeutung hat sie in der heutigen Gesellschaft?
- Hat Arbeit auch positive Seiten und wenn ja, welche sind das?
- Und was sind die negativen Faktoren von Arbeit?
All diesen Fragen wollen wir in diesem Artikel nachgehen.
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Woher kommt der Begriff ‚Arbeit‘?
Die Herkunft des Begriffs ‚Arbeit‘ ist das mittelhochdeutsche arebeit bzw. althochdeutschen arabeit was übersetzt so viel wie ‚Beschwernis, Leiden, Mühe‘ bedeutet. Also genau das, wie viele ihren Arbeitsalltag empfinden.
Wir werden später noch auf die Entwicklung der Arbeit im Lauf der Geschichte eingehen und werden sehen, dass es erst mit der Reformation aufgekommen ist, dass man Arbeit als etwas Sinnstiftendes und als eine Tugend definiert hat.
Was ist die Definition von Arbeit?
Arbeit bezeichnet eine zielgerichtete und bewusste Tätigkeit, die körperlicher oder geistiger Natur sein kann. Es handelt sich um eine planmässige Handlung, die darauf ausgerichtet ist, bestimmte Ergebnisse zu erzielen. Diese Tätigkeiten können sehr vielfältig sein und reichen von einfachen manuellen Aufgaben bis hin zu komplexen geistigen Herausforderungen.
Körperliche Arbeit erfordert physischen Einsatz. Darunter fallen zum Beispiel handwerkliche Arbeiten, Bauarbeiten oder manuelle Produktionstätigkeiten. Geistige Arbeit auf der anderen Seite bezieht sich auf intellektuelle Tätigkeiten. Denken, Planen, Kreatives. Es geht darum mit dem Kopf Probleme zu lösen. Das braucht man zum Beispiel in der Forschung, Analyse, Design oder im Management. Wobei wahrscheinlich jeder von uns Beispiele aus dem Management kennt, die jetzt nicht unbedingt durch gutes Denkvermögen auffallen.
Häufig erfolgt Arbeit in Interaktion mit anderen Menschen sei es in Form von Teamarbeit, Kundenbeziehungen oder Führungsverantwortung. Sie spielt daher eine wichtige Rolle im sozialen Gefüge.

Geschichte der Arbeit
Ich weiss, Geschichte ist langweilig – aber keine Angst, wir werden jetzt nicht tausend Jahreszahlen durchgehen. Es ist tatsächlich interessant, wie sich die Einstellung der Menschen im Laufe der Jahrtausende geändert hat.
Früher war Arbeit unmittelbar mit der Sicherung der eigenen Existenz verbunden. Die Menschen waren darauf angewiesen, ihre Grundbedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft und Schutz vor den Elementen selbst zu decken. Sie mussten Waffen herstellen und auf die Jagd gehen, um Tiere zu erlegen, sonst wären sie verhungert. Ausserdem mussten sie Holz sammeln und Feuer machen, um sich vor Kälte zu schützen und Nahrung zuzubereiten.
Im Verlauf der Zeit entwickelte sich allmählich eine Arbeitsteilung, bei der verschiedene Personen sich auf unterschiedliche Aufgaben spezialisierten. Dies ermöglichte es den Menschen, effizienter zu arbeiten und Ressourcen effektiver zu nutzen. Mit der Einführung der Arbeitsteilung entstand auch die Tauschwirtschaft auf, bei der Güter und Dienstleistungen direkt gegen andere Güter und Dienstleistungen getauscht wurden. Dies war eine frühe Form des Wirtschaftssystems.
Mit der Zeit entwickelte sich aus der Tauschwirtschaft das Konzept des Geldes als universelles Tauschmittel. Geld erleichterte den Austausch von Waren und Dienstleistungen erheblich, da es einen allgemein akzeptierten Wert repräsentierte und den Handel flexibler gestaltete. Dadurch entstand die Geldwirtschaft, wie wir sie heute kennen, in der Waren und Dienstleistungen gegen Geld getauscht werden. Diese Entwicklung markierte einen bedeutenden Wendepunkt in der Geschichte der Arbeit und des Handels.
Die Rolle von Arbeit im Leben der Menschen im Lauf der Geschichte
Die Rolle, die Arbeit im Leben der Menschen einnimmt, hat sich im Lauf der Geschichte stark gewandelt. Vom notwendigen Übel, einem Mittel zum Zweck und lästiger Pflicht, die man lieber an Sklaven abgibt, gestartet, hat Arbeit in der heutigen Gesellschaft einen so hohen Stellenwert, dass viele sich selbst komplett über ihren Job definieren. Diese Kehrtwende um 180° zeigt uns aber auch, dass die Form wie wir heute Arbeiten nicht in Stein gemeisselt ist. Denn nichts ist so beständig wie der Wandel (Heraklit von Ephesus, 535-475 v. Chr.).
- Die Römer und Griechen – zumindest die wohlhabenden unter ihnen- liessen schwere körperliche Arbeit von Sklaven verrichten, weil sie als Ablenkung vom guten Leben galt.
- Im Altertum war Arbeit klar negativ behaftet. Man sah sie regelrecht als Fluch, als Strafe Gottes für das Essen von der verbotenen Frucht im Garten Eden (Fluch des Adam). Deshalb galt sie als unwürdig und sollte von den unteren Schichten erledigt werden
- Die grosse Kehrtwende für das Image der Arbeit kam mit der Reformation durch Luther und Calvin: Nun ist Arbeit auf einmal eine Tugend. Wir arbeiten, weil es quasi ein Gebot Gottes ist, dies zu tun. Nach Tod soll man dafür belohnt werden. Ausserdem kommt der Gedanke auf, dass Arbeit Identität stiftet und uns Selbstwert verleiht. Der Idee der Selbstdefinition durch Arbeit ist geboren.
- Mit der Industrialisierung wurde schliesslich das Angestelltendasein zur Norm. Statt als Handwerker auf selbständiger Basis Dinge von Hand herzustellen, findet die Produktion nun in Fabriken mit Unterstützung grosser Maschinen statt. Dadurch ist die Produktion gesteigen. Um alle Produkte verkaufen zu können, musste dafür gesorgt werden, dass die Nachfrage steigt. Wie hat man das gelöst? Ganz einfach. Man hat den Menschen nicht mehr versprochen, dass sie erst nach dem Tod fürs Schaffen belohnt werden, sondern die Belohnung wartet jetzt direkt hier im irdischen Leben: und zwar in Form von Konsum. Ausserdem entwickelt sich die Arbeit selbst zum Statussymbol – wer eine bestimmte Position erreicht hat, kann damit vor anderen angeben. Wer zum Beispiel Arzt ist oder Jurist geniesst ein hohes Ansehen.
- Es gab auch einige Gegenbewegungen zu diesem Trend, die Arbeit zu glorifizieren. Die Hippies zum Beispiel stellten die gängige Arbeitsethik in Frage und sahen sie als Unterdrückung der Menschen.
- In den ersten Jahrzehnten nach der Industrialisierung ist eine grosse Bindung der Arbeitnehmer zu ihrem Arbeitgeber üblich. Oft bleibt man von der Lehre bis zur Rente in einem Betrieb. Diese Loyalität beginnt in den 90er Jahren, als es zu viel Stellenabbau kommt, zu bröckeln. Den Arbeitnehmern wird zu diesem Zeitpunkt klar, dass die Loyalität nicht auf Gegenseitigkeit beruht.
- Die Lage heute: das Hauptaugenmerk der Gesellschaft richtet sich weiterhin auf die Arbeit. Die Arbeitswelt ist gekennzeichnet durch zunehmende Geschwindigkeit und dem Druck, immer und überall erreichbar zu sein. Einfache Tätigkeiten werden häufig von Billiglöhnern in Asien übernommen – eine Art Sklaverei und vor allem viel Ausbeutung gibt es also immer noch. Es findet nur schön weit weg statt, damit alle schön bequem die Augen davor verschliessen können. Andere Arbeiten erledigen Maschinen und Computer. Dadurch würden eigentlich weniger Arbeitskräfte benötigt. Aber unser System baut nun mal auf dem Glauben auf, dass jeder zwingend sein Leben lang arbeiten gehen muss. Das Ergebnis ist, dass eine gewisse Zahl der Jobs sogenannte ‚Bullshitjobs‘ sind. Also Jobs, die im Grunde vollkommen sinnlos sind und nur dazu dienen, dass der Inhaber offiziell als beschäftigt gilt.
- Und was sind die Trends für die Zukunft? Menschen erkennen zunehmend, dass ihre Lebensqualität nicht ausschließlich von beruflichem Erfolg und materiellem Wohlstand abhängt. Zeit für sich selbst, für Familie und für persönliche Interessen bekommt wieder einen höheren Stellenwert. Es zeichnet sich ab, dass vor allem die jüngere Generation zunehmend ihren Weg abseits der klassischen Karrierepfade sucht. Der Trend geht weg vom Leben für die Arbeit hin zum Arbeiten, um zu leben. Immer mehr junge Leute entscheiden sich schon zu Beginn ihres Arbeitslebens für Teilzeit und setzen ihre Prioritäten anders. Eine Entwicklung, die ich persönlich sehr gut finde. Als ich vor ein bisschen mehr als 10 Jahren meinen ersten Teilzeitantrag gestellt habe, war ich die einzige, die Teilzeit gearbeitet hat, ohne dass ich zu Hause Kinder zu versorgen hatte. Und ich hatte davor lange (also wirklich lange, nämlich mehrere Jahre) mit mir gerungen, ob ich den Antrag wirklich stellen soll. Weil ich a) dachte, es wird sowieso nicht genehmigt und b) hatte ich auch eine gewisse Angst vor sozialer Ächtung. Zum Glück habe ich mich trotzdem getraut und der Antrag wurde auch sofort ohne Probleme genehmigt.
Positive Seiten von Arbeit
Arbeit hat eine ganze Reihe von positiven Effekten auf unser Leben:
Ein ganz offensichtlicher Pluspunkt von Arbeit ist das Geld, das wir mit ihr verdienen. Damit können wir unseren Lebensunterhalt bestreiten, also die Miete bezahlen, Dinge für den täglichen Bedarf kaufen, aber auch unsere Hobbies finanzieren. Auf diese Weise verleiht uns Arbeit eine grosse Sicherheit für unser Leben und unsere Zukunft.
Auf psychologischer Seite spielt Arbeit eine wichtige Rolle für unseren Selbstwert: wir fühlen uns gebraucht und sind stolz, wenn wir etwas erreicht haben. Beförderungen und Gehaltserhöhrungen bedeuten Anerkennung, durch die wir uns akzeptiert fühlen. Natürlich kann auch das genaue Gegenteil passieren, wenn man eben keine Anerkennung bekommt und seinen Job so wahrnimmt, dass man nur eine austauschbare Nummer ist. Und realistisch gesehen sind wir natürlich alle austauschbar und ersetzbar. Apple ist auch ohne Steve Jobs an der Spitze geblieben.
Zusätzlich gibt uns Arbeit die Gelegenheit, unsere Talente auszuleben und damit auch unsere Identität zu finden, indem sie uns die Frage beantwortet, wer wir sind und wo unser Platz in der Welt ist. Das trifft natürlich nur zu, wenn man beruflich in eine Richtung geht, die einen wirklcih interessiert. Für die meisten, die ‚was Sicheres‘ lernen, wie ich zum Beispiel mit der Wirtschaftsinformtatik trifft das wohl eher weniger zu.
Als soziale Wesen spielen soziale Interaktionen eine wichtige Rolle für unser Wohlbefinden. Der Arbeitsplatz ist nicht nur ein Ort, an dem Aufgaben erledigt werden, sondern auch ein Raum, in dem zwischenmenschliche Beziehungen entstehen und gepflegt werden können. Mit Kollegen verbringen wir einen grossen Teil unserer Zeit, oft sogar mehr als mit unserer eigenen Familie und mit unseren Freunden. Diese sozialen Bindungen können ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Gemeinschaftssinns schaffen. Aber man muss natürlich beachten, dass die Kontakte zu Kollegen höchst unfreiwillig sind. Denn aussuchen kann man sich die Leute nicht, mit denen man zusammenarbeitet. Und: Teamarbeit hin oder her. Man befindet sich oft in einer Art Konkurrenzsituation. Und da will am Ende jeder seinen eigenen Arsch retten.
Und zu guter letzt kann Arbeit als eine Form der Ablenkung von persönlichen Problemen dienen. Indem wir uns auf unsere Arbeit konzentrieren, können wir vorübergehend die Sorgen und Ängste vergessen, die uns im privaten Leben beschäftigen. Darüber hinaus kann Arbeit auch ein Gefühl von Normalität und Stabilität vermitteln, wenn das persönliche Leben turbulent ist. Der Arbeitsplatz bietet oft eine routinemäßige Umgebung, in der wir uns sicher und kompetent fühlen können, selbst wenn wir außerhalb des Arbeitsplatzes mit Herausforderungen konfrontiert sind.
Das sind also eine ganze Reihe positiver Aspekte. Arbeiten gehen ist also total toll für uns, oder?
Naja, wenn man es genau betrachtet ist es ja so: Mal vom Geld abgesehen ist für diese ganzen positiven Aspekte nicht zwingend eine Erwerbstätigkeit nötig. Sinn finden, unser Talent ausleben und soziale Kontakte pflegen können wir auch bei ehrenamtlicher Tätigkeit oder mit unseren Hobbies.
Und mal ganz ehrlich: letztendlich sollten wir auch gar nicht allen Lebenssinn nur aus der Arbeit ziehen. sonst werden wir spätestens beim Eintritt in die Rente in ein Loch fallen.

Negative Faktoren bei der Arbeit
Neben all diesen positiven Faktoren hat Arbeit leider auch einige negative Aspekte:
- In der heutigen Wirtschaft herrscht ein starker Wettbewerbsdruck, der Unternehmen dazu drängt, ihre Produktivität zu steigern, oft bei gleichzeitiger Reduzierung der Mitarbeiterzahl. Das verspricht höhere Profite, bringt jedoch Ängste vor Jobverlust und eine erhöhte Arbeitslast mit sich. Reorganisationen sind für Mitarbeiter purer Stress. Wer darf bleiben, wer muss gehen? Bekomme ich noch mehr Themen aufgebrummt? Nicht schön für die Arbeitnehmer.
- In vielen Arbeitsumgebungen herrschen unausgesprochene Normen, die von den Mitarbeitern erwarten, bis spät in den Abend zu arbeiten und sogar am Wochenende präsent zu sein. Dieser subtile Druck, Mehrarbeit zu leisten, kann dazu führen, dass Mitarbeiter sich verpflichtet fühlen, über ihre üblichen Arbeitszeiten hinaus zu arbeiten, um den Erwartungen gerecht zu werden.
- In der heutigen Arbeitswelt lastet ein enormer Druck darauf, die Zahlen und Leistungsziele zu erreichen. Es fühlt sich oft an, als ob ein drohendes Damoklesschwert über uns schwebt: „Du musst das erreichen, sonst…“. Diese ständige Erwartungshaltung treibt viele dazu an, alles zu geben, um erfolgreich zu sein, selbst wenn dies bedeutet, die eigenen Grenzen zu überschreiten. Dabei liegt der Fokus auf darauf, in der Gegenwart gut dazustehen, während die möglichen negativen Folgen für die Zukunft ausgeblendet werden.
- Der Druck, immer mehr Kunden zu bedienen steigt stetig. Dank E-Mail werden heute schnellere Antworten als früher erwartet. Diese ständige Erreichbarkeit erschwert es, sich vom Job zu distanzieren und die Freizeit zu geniessen.
- Die rasche Dynamik und ständigen Veränderungen in der Arbeitswelt bringen häufig einen erheblichen Druck mit sich. Mitarbeiter sind oft gezwungen, sich schnell neuen Anforderungen anzupassen und unter Zeitdruck zu arbeiten, was die Belastung weiter erhöht.
- Eine zu hohe Arbeitslast, kombiniert mit einem Mangel an Kontrolle darüber, wie viel Arbeit auf einen zukommt, sowie einem Mangel an Wertschätzung für Mehrarbeit, kann schnell zu einer klassischen Burnoutsituation führen. Dies wird besonders deutlich in Bereichen wie der Pflege, wo diese Faktoren oft eine grosse Rolle spielen.
Bin ich überarbeitet? Ein Schnell-Check
Weil wir gerade beim Thema hohe Arbeitslast und Burnout sind, möchte ich noch kurz auf die Zeichen eingehen, die auf eine Überarbeitung hindeuten. Wie viele davon entdeckst du in deinem Leben wieder?
- Ich bin oft nicht zum Abendessen zu Hause
- Am Wochenende muss ich oft Restarbeiten erledigen, die ich unter der Woche nicht geschafft habe
- Ich habe einen starken Arbeitsfokus, mit dem es mir nicht gut geht
- Ich bin oft von meinem Job frustriert
- Meine E-Mails rufe ich auch im Urlaub ab
- Meinen Urlaub habe ich schon öfter wegen der Arbeit verschoben
- Ich habe den Wunsch, weniger zu arbeiten und aus dem Hamsterrad auszusteigen
- Die Erwartungen meines Arbeitgebers geben mir ein schlechtes Gefühl
- Freunde/Familie beschweren sich wegen zu vieler Dienstreisen
- Wenn ich pünktlich Feierabend mache, fühle ich mich schuldig

Wenn 5 oder mehr dieser Faktoren auf dich zutreffen, bist du möglicherweise überarbeitet und dein Leben ist nicht in Balance. Downshifting kann dann ein wichtiger Schritt hin zu einer bewussteren und ausbalancierten Lebensweise sein, die nicht ausschliesslich von der Arbeit dominiert wird.
In der Rubrik ‚Downshifting‚ erhältst du viele wertvolle Tipps, wie du es schaffen kannst, dein Arbeitsleben einen oder mehrere Gänge runterzufahren.